Audi RS 6 Performance (2023) im Test: Stärker, leichter - besser? (2024)

Was ist das?

Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass der Audi RS 6 (und damit natürlich auch der RS 7) eine ziemlich lahme Wurst ohne Dampf ist. Er kommt quasi kaum vom Fleck. Geradezu fahrlässig ist sein Leistungsmangel. Da musste dringend reagiert werden und genau das hat Audi Sport jetzt getan.

Mit dem neuen RS 6 Performance und RS 7 Performance will man das stark beschädigte Image in Sachen Geradeaus-Speed retten. Dafür hat man dem 4,0-Liter-Biturbo-V8 30 PS und 50 Nm mehr eingeflöst. Es wurde aber auch Zeit.

Na gut, schalten wir den Ironie-Modus ganz schnell wieder aus. Ein bisschen was ist aber trotzdem dran an der Vortriebs-Kritik. Das liegt gar nicht so sehr an RS 6 und RS 7, die ja auch in der aktuellen Generation absolute Beschleunigungsmonster sind. Es ist eher so, dass die Konkurrenz um BMW M5 Competition und Mercedes-AMG E 63 S T-Modell inzwischen so dermaßen hanebüchen anschieben, dass die Audis auf dem Papier ganz schön ins Hintertreffen geraten sind.

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Der normale RS 6/RS 7 mit seinen 600 PS und 800 Nm macht die 0-200 km/h in 12 Sekunden, AMG und BMW wurden bereits mit 10,9 beziehungsweise 10,4 Sekunden gemessen. Da gerät der beschleunigungsaffine RS-Fan natürlich in Rage.

Ein weiteres Manko der aktuellen Generation fiel mir bereits beim ersten Test Ende 2019 auf. Für ein Auto mit diesem Bizeps-Umfang verfügt der RS 6 (ich bleibe jetzt der Einfachheit halber bei der in unseren Gefilden deutlich beliebteren Kombi-Version) über eine veritable Anfahrschwäche. Sprich: Er kommt unter 3.500 Touren eher mühsam aus den Federn.

So ganz unspannend ist das Thema Performance-Version beim Ingolstädter Kombi-Urviech also nicht. Wobei wir hier ja nicht über etwas bahnbrechend Neues reden. Die extra heiße Variante gibt es eigentlich schon seit RS-Generation Eins. Damals, 2004, hieß sie beim C5 noch RS 6 Plus, brachte 480 statt 450 PS. Den ersten "Performance" gab es 2017 im C7 mit 605 PS. Jetzt, beim C8, sind es 630 PS und 850 Nm. Klingt ziemlich stabil.

Die 0-100-km/h-Zeit fällt von 3,6 auf 3,4 Sekunden. Einen 0-200-km/h-Wert kommuniziert man leider nicht, da würde ich einfach mal auf eine tiefe 11 tippen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei maximal 305 km/h.

Und, spürt man die Leistungssteigerung überhaupt?

Zuerst einmal sollte erwähnt werden, dass hier nicht einfach ein paar Schieberegler im Motormapping nach oben gezogen wurden. Audi Sport hat neue Turbos installiert und den maximalen Ladedruck von 2,4 auf 2,6 bar erhöht. Außerdem will man das Ansprechverhalten des Aggregats im Dynamic-Modus verbessert haben. Das Setup der 8-Gang-Automatik wurde in den sportlichen Modi, beziehungsweise im Schalt-Modus "S" ebenfalls aggressiver ausgelegt.

Nicht ganz unwichtig zudem: Wenn man die richtigen Kreuzchen in der Aufpreisliste macht, wird der RS 6 Performance signifikant leichter als das Standard-Modell. Serienmäßig verschwinden bereits acht Kilo an Dämm-Material an der Motorstirnwand und unter der Mittelkonsole, was auch den klanglichen Fertigkeiten des Vehikels auf die Sprünge helfen soll. Ein sehr hochrangiger Audi Sport-Offizieller sagte mir dazu: "Da ist so viel Dämmung in dem Bereich drin, die braucht man eigentlich gar nicht." Hervorragende Einstellung.

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Sehr interessant sind die neuen, 4.400 teuren Leichtbau-22-Zöller, die gegenüber dem Serienrad ganze 5 Kilo einsparen. Pro Rad wohlgemerkt. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Sind die neue Dinger ein Meisterwerk der Ingenieurskunst oder sind die anderen Felgen einfach bleischwer? Ein bisschen was von beidem womöglich. Das neue Rad kommt von Fuchs (Sie wissen schon: DAS legendäre Porsche 911-Rad) ist geschmiedet und zusätzlich gefräst. Und hier hat man wirklich alles weggefräst, was keine Miete zahlt. Sieht ganz nebenbei auch absolut hammermäßig aus.

Nimmt man jetzt noch die Keramik-Bremse dazu (-34 Kilo), kommt man insgesamt auf eine Einsparung von 62 Kilogramm. Gar nicht mal so übel. Wobei der Dicke damit trotzdem noch auf 2.090 Kilo kommt, das gehört schon auch zur Wahrheit dazu.

Aber was ist denn jetzt mit der Performance des Performance?

Ja gut, wenn man die beiden RS 6-Varianten jetzt nicht direkt hintereinander fahren kann, dann wird's natürlich ein wenig knifflig mit einer fundierten Aussage, da kann das Popometer noch so fein eingestellt sein. Dazu kommt: Die Testfahrten fanden nicht etwa auf einem abgesperrten Kurs, sondern auf recht pitoreskem Kurvengeschlängel im kalifornischen Napa Valley statt. Viel Verkehr, humorlose Tempolimits und Cops inklusive.

Da musste man schon gut abwägen, wann man den Pin mal herzhaft durchdrückt. Vor allem, weil bei dieser Kategorie Auto 3 Sekunden Pedal Bodenblech ja gleichbedeuten ist mit 160, 170 Sachen auf dem Tacho.

Erkenntnisse gab es trotzdem ein paar. Insgesamt fühlt sich der RS 6 Performance unten raus eine Spur wacher an. Nichts dramatisches, aber merkbar. Was allerdings geblieben ist: Bis 3.500 Touren ist das alles nur ein schön ausgeleuchtetes Luftholen für den blanken Irrsinn der danach kommt.

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Die Leistungsentfaltung ist also ziemlich gleich geblieben. Das sieht man ja schon, wenn man die Leistungsdiagramme vergleicht. Da gibt es kaum Unterschiede. Jetzt gibt es halt etwas mehr von allem. Und Junge, Junge, der Magenschwinger, den dir der RS 6 Performance zwischen knapp unter 4.000 und 7.000 U/min verpasst, der hat es wahrhaft in sich. Da bleibt einem die Luft gefühlt noch ein bisschen mehr weg als bisher.

Ebenfalls spürbar: Gerade im Getriebemodus S hängt das Auto beim Druck aufs Gas im mittleren Drehzahlbereich deutlich besser an selbigem.

Klanglich hat sich dank des Wegfalls der Dämmung vor und unter den Passagieren auch noch ein bisschen was getan. Erwarten Sie hier keinen Paradigmenwechsel, einfach etwas mehr Präsenz. Auffällig: Der deutliche Lautstärke-Zuwachs im Dynamikmodus mitsamt dem unausweichlichen "Prappapapp" beim Gaswegnehmen.

Und wenn es nicht nur geradeaus geht?

Der aktuelle RS 6 ist ja quasi der erste, der sich sogar ein bisschen freut, wenn die Straße mal eine Kurve macht. Das ist beim neuen Performance nicht anders. Und das liegt schlicht daran, dass sich im Fahrwerksbereich nichts geändert hat. Die Abstimmung des Luftfahrwerks sowie des aufpreispflichtigen DRC-Fahrwerks (Stahlfedern und über Kreuz miteinander verbundene Hydraulikleitungen) blieb unangetastet.

Änderungen gibt es allerdings bei den Reifen und am Torsen-Mittendifferenzial. Das verteilt die Kräfte im Allgemeinen im Verhältnis 40:60 zwischen Vorder- und Hinterachse. Das neue Bauteil ist kleiner und leichter als bisher, soll den RS 6 präziser kurven lassen und dem bösen Untersteuern noch wehrhafter entgegentreten. Die neuen Continental Sport Contact 7 sind von ihrer Auslegung vergleichbar mit Michelins Pilot Sport 4S.

Abseits einer abgesperrten Strecke war die Wirkung dieser Maßnahmen nicht wirklich herauszufahren. Aber es bleibt dabei: Gerade mit dem DRC-Fahrwerk ist der RS 6 ein sehr rundes Fahrdynamik-Gesamtpaket. Lenkung und Vorderachse sind nicht so aggressiv wie etwa bei M5 oder E 63, dafür aber auch weniger nervös und anstrengend.

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Traktion ist natürlich klassischerweise auch die Stärke dieses Audi Sport-Modells, wobei die neutrale bis leicht hecklastige Auslegung dem Auto spürbar gut tut. Die Lenkung ist grundsätzlich eine runde Sache (das war bei RS-Modellen auch schon mal deutlich anders). In der komfortabelsten Einstellung zwar etwas leicht und ein bisschen zu leer in der Kurve, aber insgesamt wirklich mehr als okay.

Auf den teils sehr mitgenommenen Straßen der Testroute stieß das Stahlfahrwerk in Kombination mit den Rädern der Dimension 285/30/22 hin und wieder an seine Komfort-Grenzen. Gerade über die Räder mit ihren recht dünnen Flanken kommt auf schlechten Belägen recht viel Geratter und Gerumpel übers Lenkrad in die Handballen.

Das Luftfahrwerk ist die deutlich komfortablere Alternative. Der Unterschied ist groß. Allerdings merkt man auch, dass der Wagen damit an Agilität, Spontaneität und Präzision einbüßt. Das komplette Fahrverhalten wirkt gemütlicher, das Auto schwerer. Allen, die den RS 6 Performance für eher alltägliche Dinge und/oder Langstreckenfahrten nutzen, würde ich dennoch die Luftfederung ans Herz legen. In echt ist das Kaufverhalten übrigens nahezu ausgeglichen - gut 50 Prozent entscheiden sich für die DRC-Lösung.

Wie ist er innen?

Neu bei der Performance-Variante sind ein Alcantara-Lenkrad und ein optionales Carbonfaser-Dekor, das mit blauen Fäden durchzogen ist. Blaue Nähte gibt es auf Wunsch auch an Lenkrad, Gestühl und Konsorten, ansonsten ändert sich nichts.

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Die beim RS 4 Competition und RS 3 Performance eingeführten Schalensitze wird es beim RS 6 nicht geben. Das ist einerseits sehr schade, weil sie wirklich hervorragend sind, andererseits aber auch verständlich: Der RS 6 ist und bleibt für den Großteil der Kundschaft ein überpotenter Reisewagen. Da soll der Sitz lieber kühlen, elektrisch verstellen und bequem sein. All das tut er mit Bravour.

Der Platz im Fond geht völlig in Ordnung, der Kofferraum schluckt unverändert 565 bis 1.680 Liter Gepäck.

Soll ich ihn kaufen?

Es bleibt Ihnen ja fast nichts anderes übrig. Also zumindest, wenn Sie im illustren Plus-600-PS-Kombi-Segment auf die Jagd gehen. Ein neues AMG E 63 T-Modell wird wohl erst 2024 aufschlagen und dann vermutlich als Sechszylinder-Plug-in-Hybrid. Sollte dessen Fahrdynamik-Plan so komplex sein wie beim neuen C 63, bei dem man circa fünf Semester Boostologie studiert haben muss, um das beste aus dem Antrieb rauszuholen, dann macht das wahrscheinlich gar nicht so viel Spaß.

Sehr aufregend ist dagegen die gestrige Ankündigung, dass ebenfalls 2024 ein neuer BMW M5 Touring kommen wird. Allerdings auch mit Plug-in-Hybrid und daher sicher ziemlich schwer.

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Audi wird den RS 6 in der jetzigen Form noch ein paar Jahre weiterbauen. In Deutschland parallel als RS 6 und RS 6 Performance. Letzterer macht meiner Meinung nach mehr Sinn. Er ist etwas stärker, schneller und leichter und er kostet überschaubare 7.000 Euro mehr als das Standard-Modell. Wer den Gegenwert einer Zwei-Zimmer-Wohnung für einen Kombi hinlegt, der wird das gar nicht merken.

Fazit: 8/10

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